Tote schreien nicht

 

Tote schreien nicht

Lecker zieht der Duft von Haus zu Haus
Ahnungslos zieht manch einer seine Nase kraus

Und Wasser sich im Munde sammelt
Gedanken sich in Hunger wandelt

Schließt man die Augen und stellt sich vor
Zu hören das Zischeln und Brutzeln in seinem Ohr

Wie die Hitze den Saft durch die Haut treibt
hoch spritzt und wieder fällt dann auf den Leib

Doch Haar, welches nicht entfernt wurde
Kräuselt sich in der Hitze zu Tode

Und bald schon wird aus leckrem Bratenduft
Düster schwarzer Gestank, fast wie aus einer Gruft

Und im Geiste so eben noch freudig den Braten sehend
Sieht man nur noch verkohlte Reste, Gestank vorüberwehend

Ein Flämmchen neckisch über die Nasenspitze huscht
Verwandelt in ein loderndes Flammenmeer, der Haarbusch

Die Lippen nun schwarz verkohlt geöffnet zum stummen Schrei
Die Augen verkocht zum unkenntlichen Brei

Und beendet ist erst das grausame Flammenfest
Wenn zurückbleibt nur ein kleiner glühender Rest

Und in der Ofenkammer gespenstischem Licht
Wissen wir, Tote schreien nicht….

 

25.04.2003

 

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