Das Silbergeschirr (Der alte Musher)

 

Das Silbergeschirr (Der alte Musher)

Wenn man einen Regenbogen sieht, dann wissen Tierfreunde, dass wieder ein geliebtes Wesen den Weg über die Regenbogenbrücke genommen hat – dorthin, wo Leid und Schmerz enden, und nur noch die Sehnsucht bleibt, eines Tages wieder vereint zu sein.

Doch von einer ganz besonderen Art vierbeiniger Gefährten erzählt man sich eine andere Geschichte. Ob sie wahr ist, wer vermag das zu sagen? Vielleicht hängt es ganz von dir ab, lieber Leser, ob sie es wird.

Irgendwo, eingebettet zwischen Bergen und sanften Hügeln, stand einst eine einsame Hütte. Alt, windgebeugt und wettererprobt. Sie barg nur einen Raum: ein einfaches Lager, ein knarzender Ofen, ein wackeliger Tisch, ein einzelner Stuhl, ein schmaler Schrank. Dort saß ein alter Mann, dicht an den Ofen gerückt, den Blick versunken in die flackernde Glut. Zu seinen Füßen lag ein Hund. Auch er alt, das Fell stumpf geworden, die Augen milchig getrübt – und doch waren seine Ohren noch wachsam, sein Herz verbunden mit dem des Mannes.

An der Innenseite der Tür hingen alte Zuggeschirre, überzogen von einer dicken Staubschicht. Draußen, unter einer Schneeschicht verborgen, ruhte der große Schlitten – vom Zahn der Zeit gebissen, doch unverkennbar ein Relikt einstiger Abenteuer. Und wie in so vielen Nächten zuvor, wenn der Nordwestwind die Wolken vom Himmel fegte, stand der alte Mann langsam auf. Er hüllte seinen gebeugten Körper in einen schweren wollenen Mantel und trat hinaus in die frostklare Nacht.

Der Himmel spannte sich samten und sternenreich über ihn. Der Mond schien sein Licht zurückzuhalten, um dem Glanz der Sterne gebührend zu Ehren. Mit zitternden Fingern holte der Alte etwas aus seiner Tasche: ein feines Gespinst, so zart wie Feentuch – vielleicht war es genau das, vielleicht aber auch etwas anderes, etwas Älteres, etwas Vergessenes. Er hielt es dem Himmel entgegen, sprach Worte, so leise, dass selbst der Wald den Atem anhielt.

Und dann fiel glitzernder Staub herab, so fein wie Atemhauch, ein Geschenk der Sterne. Der Mann fing ihn auf, schweigend, ehrfürchtig, und faltete das Tuch behutsam zusammen. Jeder Schritt im Schnee klang wie ein letztes Kapitel, das er nun vollenden musste. Denn er wusste: dies war sein letzter Gang in dieser Sternennacht.

Zurück in der Hütte, setzte er sich an den Tisch. Dort lagen Werkzeuge bereit: ein scharfes Messer, eine Ahle, eine Nähnadel mit starker Sehne. Mit stiller Hingabe begann er zu arbeiten. Schnitt für Schnitt, Stich für Stich, verwob er Erinnerungen in das Tuch. Jede Falte erzählte ein Abenteuer, jeder Knoten ein geteiltes Lachen, jedes Loch eine überwundene Angst. Unter seinen Händen formte sich ein Geschirr – nicht irgendeines, sondern eines aus Sternenstaub, gefüllt mit dem Wesen seines Gefährten.

Als der erste Silberstreif den Horizont berührte und das Funkeln der Sterne sachte verblasste, war das Werk vollendet. Tränen liefen über das zerfurchte Gesicht des alten Mushers. Seine Stimme zitterte, als er den Namen seines Hundes rief. Langsam hob der Hund den Kopf, seine Rute bog sich zur Sichel, und seine Pfoten hoben sich, wie schon unzählige Male zuvor. Mit letzter Kraft stand er auf, nahm das neue Geschirr an, das letzte. Dann legte er sich nieder, atmete einmal tief ein, und ließ los. Ein letzter Blick, ein letzter Seufzer, ein letzter Herzschlag.

Ein feiner Nebel löste sich aus seinem Körper, schimmernd, durchsichtig, mit einem silbernen Geschirr, das im Morgenlicht funkelte. In der Stille des anbrechenden Tages stieg ein geisterhafter Schlittenhund empor, federleicht, begleitet vom letzten Stern. Und als Abschiedsgruß stürzte eine Sternschnuppe zur Erde, wie eine Träne aus Licht.

Man sagt, es sei lange her. Doch in sternklaren Nächten versammeln sich Wölfe um jene Hütte im Wald. Sie heulen ihr Lied, klagen nicht, sondern erinnern. An jene, die einst ihre Freiheit gegen Treue eintauschten. Und ich, Ezri, sehe bei jeder Sternschnuppe ein Gespann über den Himmel ziehen. Und manchmal, wenn der Schnee besonders leise fällt, meine ich, fernes Bellen zu hören – freudig, erwartungsvoll.

Ezri, Müllheim, 20.11.2010

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Wind und Nebel

Seit gefühlten Monaten, in Wahrheit sind es nur ca. zwei Wochen gewesen, war es windstill, grau und nebelig. Nur selten fand die Sonne einen Weg durch die Wolken und den Hochnebel. Es ist der 02. Dezember 2011 und die Mittagstemperatur im Schatten war bei 11°C

Seit zwei Tagen hat sich das Wetter allerdings geändert. Gestern war es schön sonnig und heute kam der Wind dazu. Niederschlag in irgendeiner Form gab es aber immer noch nicht. Die Bäche und Flüsse zeigen ihr steiniges Bett und so manche menschliche Umweltsünde.

Das bunte Laub wirbelt im wilden Tanz und unser Windspiel spielt mal zart und mal stark seine glockenhelle Melodie.

 

 

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Herbst – Wenn das Laub fällt

Natürlich habe ich als Kind die Jahreszeiten wahrgenommen. Meine Lieblingsjahreszeit war der Sommer, jetzt ists der Frühling. Aber als Kind habe ich irgendwie nie das Laub fallen sehen.

Ich hab bunte Bäume gesehen, Ich hab bunte Blätter am Boden liegen sehen. Ich hab blattlose Bäume gesehen, aber ich sah nie das Laub fallen. Ich hatte mir immer fest vorgenommen ganz genau hinzuschauen, wenn das Laub fallen würde. Aber ich sah nie wie es fiel, egal wie aufmerksam ich war.

Jetzt ist es anders, jetzt seh ich das Laub fallen, wie der Wind es aufgreift, es lustig durch die Luft wirbelt und mit den bunten Blättern herumspielt.

Letztens saß ich an meinem Mann gekuschelt im Wald auf einer Bank. Die erstaulich warme Novembersonne genießend schauten wir dem Laub zu, welches regelrecht von den Bäumen schneite und an uns abglitt. Sogar eine Eichel prallte einmal neckisch von meinem Oberschenkel ab, bevor es sich zum am Boden liegenden Laub gesellte.

Jetzt seh ich das alles, jetzt wo ich es mir nicht mehr angestrengt vornehme.

Herbst ist immer noch nicht meine Lieblingsjahreszeit, aber schöne Tage hat er dennoch… 

 

 

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