Schubladendenken – wir sind doch alle gleich?

 

Dann und wann wird der Vorwurf: „Schubladendenken“ in den Raum geworfen. Schubladendenken wird negativ assoziiert. Wer in Kategorien (denkt) der steckt Dinge und Menschen in Schubladen.

Dann empören sich Menschen. „Sind doch alle gleich“, sagen sie: „Man kann doch nicht sagen typisch X.“ Und dabei merken diese Menschen nicht, dass sie selber in Schubladen denken.

An dieser Stelle muss ich das Thema etwas aufsplitten in „Warum denkt man in Schubladen?“ und „Warum sind Schubladen negativ belegt?“

 

„Warum denkt man in Schubladen?“

Schubladendenken ist eine Art Selbstschutz. Hat man eine negative Erfahrung mit einer Sache, von der es viele gleiche oder ähnliche Sachen gibt, so kann man sich vor einer weiteren negativen Erfahrung schützen, in dem man gleichen oder ähnlichen Sachen in Schubladen steckt.

Beispiel:

Negatives Ereignis: „Ich beiße in einen grünen Apfel und der ist sauer.“

Schublade: „Grüne Äpfel“

Ich weiß natürlich, dass es auch Apfelsorten gibt, die grün bleiben und dennoch lecker süß sind. Aber erst mal sind alle grünen Äpfel zusammen in einer Schublade. Sicher ist sicher.

 

„Warum sind Schubladen negativ belegt?“

Menschen können verschiedenen Gruppierungen von Obst angehören. Die einen Obstsorten wachsen am besten auf kargen Böden mit wenig Wasser und viel Sonne, die anderen Obstsorten wachsen am besten auf fetten Böden mit viel Wasser und dann und wann Schatten. Sie sehen unterschiedlich aus und sie schmecken nicht gleich. Sie haben nur gemeinsam, dass sie Obst sind.

Menschen können sich in vielen Bereichen des Lebens Schubladen (Sportart, Mode usw.) aussuchen, aber nicht in allen Bereichen. Sie können sich zum Beispiel nicht aussuchen in welche Kultur sie hineingeboren werden, wie sie aussehen und auch nicht so unbedingt, was sie denken, denn sie werden zum guten Teil von ihrer Umgebung und Mitmenschen geprägt.

Alle Schubladen haben positive und negative Seiten, kann man auch gern Klischees nennen und nun wird’s kniffelig. Eine Schublade ist wie ein großer Korb voller Äpfel, es gibt herrlich rote süße Äpfel, herrlich grüne süße Äpfel aber auch saure grüne Äpfel oder rote Äpfel mit einem Wurm drin.

Solange man von außen nur mit den süßen leckeren Äpfeln in Verbindung gebracht wird, ist man mitunter sogar sehr stolz auf diese schöne Schublade in der man steckt.

Aber wenn man feststellen muss, dass in der eigenen Schublade halt auch saure oder gar faule Äpfel drin stecken, dann will man auf keinen Fall mit dieser Schublade in Verbindung gebracht werden, oder man verbittet sich von außen Urteile über diese Schublade. Und im Falle eines Falles behauptet man sonst einfach, dass es gar kein unterschiedliches Obst gibt, eigentlich sind wir ja alle süße rote Äpfel, der eine oder andere hat vielleicht ein paar Stellen, aber ansonsten sind wir alle von der gleichen Apfelsorte. Damit hat man dann seine Schublade wieder reingewaschen von dem Makel, so einfach ist das. Allerdings gilt das "Reinwaschen" nur im Falle von negativer Assoziation. Bei positiver Assoziation erhebt man seine Schublade in güldenem Glanze empor, auf dass alle anderen Bewohner anderer Schublade diese eine Schublade samt seiner Äpfel bewundern.

Bisweilen wird man allerdings in Schubladen gesteckt, in die man z.B. einfach aufgrund seiner Generation gar nicht hineingehören kann, man wird zum Täter gemacht obwohl man kein Täter ist und war. Man soll dann für Taten bezahlen die saure grüne Äpfel einige Generationen zu vor begangen haben. Das ist nicht korrekt, aber der jetzigen süssen roten Apfelgeneration wird das so lange eingetrichtert, bis sie sich schuldig fühlen und zahlen. 

 

Tja, so ist das mit den Schubladen, sie sind nur dann genehm, wenn sie positiv vom Gegenüber assoziiert werden, ansonsten will man von Schubladen gar nichts wissen, denn schließlich sind alle Äpfel gleich…

 

 

Share

Der Halbelf und die Erdnußmillionen

Mina schnippte gelangweilt eine angeknabberte Erdnuß aus dem Seitenfenster des Autos, während sie an der Zapfsäule auf Bedienung wartete. Die Erdnuß traf ein winzig kleines Sensorfeld und Konfetti und Luftschlangen wirbelten durch die Gegend, während eine blecherne Stimme ihre zu dem Millionengewinn gratulierte. Verdutzt stieg sie aus dem Wagen und ging fragendem Gesichtsausdruck zum Schalter der Tangstelle.

Ihr Stammgastwirttankstellenwart schob ihr mit einem Grinsen die Quittung zu und meinte: „In all den Jahrhunderten hat das noch keiner geschafft und ich hatte das Gewinnspiel auch schon völlig vergessen. Herzlichen Glückwunsch, Mina.“ Tatsächlich, die Quittung sagte es, auf ihrem Konto waren eine Millionen gutgeschrieben worden. Was sie damit alles anstellen konnte. Ein neues Auto mußte es aufjedenfall sein, der alte Wagen war schon sehr in die Jahre gekommen und just in diesem Moment kamen weitere Beulen hinzu, denn hinter der Tankstelle und ein paar Meilen weiter, hatte ein Vulkan beschlossen, etwas Asche und Steine auszuspucken.

Sicherheitshalber blieb Mina noch ein kleines Weilchen hinter der Tankstelle und lugte vorsichtig um die Ecke. Imposante Wolken quollen in Grau- und Orangetönen dem Himmel entgegen, in eleganten Bögen und mit welligen rauchigen Schweifen flogen Felsen und kleine Kieselsteine in allen Richtungen davon. Einige davon trafen auch den alten Wagen von Mina, die beschloß ein längeres Weilchen hinter der Tankstelle zu verweilen. Während der Vulkan sich noch nicht entschließen konnte, sein Spektakel zu beenden, versuchte Mina ihren Mann zu erreichen. Ihr Handy war aber viel zu abgelenkt und bibberte in ihrer Hosentasche vor sich hin.

Nagut  dachte Mina  dann kauf ich uns halt schon mal eine Wohnung und schau dann mit ihm zusammen, was wir mit dem restlichen Geld machen wollen. Gedacht getan, per gedanklicher Spacenet-Verbindung kaufte sie in einem der einzigen beiden Hochhäuser eine schicke Wohnung. Zu den beiden Hochhäusern war der Weg nicht weit und der Stein- und Geröllhagel hatte so stark nachgelassen, daß sich Mina zu Fuß auf den Weg machte, ihre Wohnung auch zu besichtigen.

Leider hatte sie sich gar nicht gemerkt in welchen der beiden Hochhäuser sich die Wohnung befand, also ging sie zuerst zu dem hinteren Hochhaus. Es gab in diesem Gebäude auch ein wunderschöner Fahrstuhl, die Wände schienen aus graublauen auf hochglanzpolierten Marmor zu bestehen und ein messingfarbenes Geländer lud zum Festhalten ein. Während Mina sich unschlüssig die Schalttafel anschaute, denn sie wußte auch nicht, in welcher Etage sich ihre schicke neue Wohnung befinden sollte, stürmten ein paar wildaussehende Menschen und noch wilder aussehende Wölfe in den Fahrstuhl.

„Nun drück schon die 263.“ Knurrte einer der Menschen und die Wölfe stimmten ein schaurigschönes Geheul an, dessen Echo eindrucksvoll das Treppenhaus füllte. Ein anderer Mensch schnüffelte an ihr und die Wölfe ließen ihre Augen gelb aufleuchten. Etwas furchtsam aber auch neugierig drückte sich Mina in eine Ecke. „Keine Sorge, wir jagen einen Vampir und Du bist ja nur ein Halbelf.“ „Ich bin ein Halbelf? Das wußte ich ja noch gar nicht.“ Etwas zutraulicher wagte sich Mina wieder aus der Ecke heraus.

Der Fahrstuhl hatte mittlerweile die entsprechende Etage erreicht und die wilde Werwolfbande stürmte aus der wunderschönen Fahrstuhlkabine heraus. Zögerlich wagte auch Mina einen Schritt aus der Farhstuhlkabine heraus, aber eigentlich wollte sie lieber drinnen bleiben, es war einfach zu schön da.

„Kindchen, Du bist im falschen Haus.“ Eine grellgeschminkte Frau im Einheitsmaklerkostüm eilte geschäftig um die Ecke, „Du mußt in das andere Haus und da auf die Etage G.“ Ihre Brille rutschte gefährlich nah an die Nasenspitze heran, deren Bügel sich drauf gefaßt machte, sich fest in das goldene Kettchen zu krallen. „Oh.. oh.. Danke.“ Minas Wangen wurden zartrot und ihre Ohrspitzen beschlossen, nach der Offenbarung der Werwölfe, etwas spitzer zuzulaufen.

Der Fahrstuhl sauste in atemberaubender Geschwindigkeit runter in das Erdgeschoss, nun mußte Mina sich doch vom Fahrstuhl verabschieden und während sie ging, meinte sie noch ein langezogenes Jaulen zu hören. Im anderen Gebäude angekommen gab es ebenfalls einen Fahrstuhl, kuscheliger roter Samt mit seidenen rosa Herzen betörten die Schuhe seiner Fahrgäste und spiegelnde bronzefarbene Wände deckte jede Hautunreinheit gnadenlos auf. Aber die Musik war gut und so vertraute sich Mina diesem Fahrstuhl ebenso an, wie dem anderen. Noch kurz lauschte sie ins Treppenhaus, bevor ihr Zeigefinger auf das G drückte.

Endlich hatte sie ihre neue Wohnung gefunden und endlich hatte sie es geschafft ihrem Mann eine SMS zuzusenden. Nun konnten sie gemeinsam ein neues Auto kaufen und damit glücklich zur nächsten Tankstelle fahren…

Ezri, September 2010

Share